Bericht von Detlef Wehle, Kanuclub Limburg/Lahn.
Wahnsinn: es ist Samstag, 25. August, ich paddle bei strahlendem Sonnenschein mit der Airboard DISCOVERY auf der Donau und sehe die Hafenanlagen von Silistra in Bulgarien. Eine 8-wöchige Reise auf der Tour-International-Danubien (TID) geht zu Ende, seit dem Start in Linz/ Österreich am 3. Juli wurden 1758 km an 46 Fahrtentagen mit insgesamt 229 h auf dem Board absolviert.
Wie geht das? Einfach aufs Board steigen und paddeln…
Aber der Reihe nach. Der Grundstein für die SUP Ultratour in diesem Jahr wurde im Jahr 2016 gelegt. Hier wurde im Kajak die gesamte Strecke der TID - von Ingolstadt bis ans Schwarze Meer, 2500 km in 11 Wochen - zurückgelegt. Eindrücke fürs Leben, Entschleunigung, Freundschaften.
Im Jahr 2018 kam die Faszination Stand-up paddling dazu: nach Erlernen der richtigen Technik in 2019 eine 4-tägige Tour auf dem Hochrhein von Konstanz nach Basel und im Sommer Teilnahme an einer Teilstrecke der Internationalen Elbefahrt vom Deutschen Kanu Verband von Dresden nach Tangermünde in 7 Tagen (siehe Kanu-Sport 9/2019).
Immer mehr traten die Vorteile von SUP gegenüber Festboot in den Vordergrund: einfach wegfahren, in öffentlichen Verkehrsmitteln, Board aufpumpen, Gepäck festzurren, lospaddeln. Einfach irgendwo aufhören, Freiheit (5-Tages Öko-SUP Tour auf dem Rhein, Kanusport 10/2022).
In 2022 dann das erste Mal mit dem Board auf der TID, mit einem 18“ (5,40 m) Board, schnell wie ein Kajak, aber in Wellen auch anspruchsvoll zu paddeln. Die Tour wurde in Erlau kurz hinter Passau nach 7 Fahrtentagen beendet, wertvolle Erfahrungen gemacht.
Das Virus „TID mit dem SUP“ hatte sich bereits festgesetzt…
Für die TID brauchte es jedoch ein anderes Board, mit weniger Kraftaufwand bei Wind und Wellen zu paddeln, mehr Stabilität ohne allzu große Abstriche bei der Geschwindigkeit.
Boards von Airboard hatte ich (neben einigen anderen… ) bereits: das ultraleichte Hike und das schnelle Rocket. Die Airboard DISCOVERY war mir schon früher wegen der guten Verzurrmöglichkeiten für Gepäck aufgefallen. „Shape“ sehr ähnlich zum Rocket und nur wenig kürzer: so viel langsamer konnte es also nicht sein. Kurzum die Discovery bestellt. Alle Erwartungen wurden erfüllt: schnell, wendig und stabil, optimal für Gepäcktransport. Wasserdichter duffle-Rucksack am Heck, wasserdichte Tasche am Bug, beim Umtragen Rucksack geschultert, die Gepäcktasche in die eine Hand, Board und Paddel in die andere Hand, fertig. Kein Bootswagen.
Dann also die (66.) TID 2023
Der Start erfolgte in Linz/Österreich. Anfahrt mit dem Zug, spätabends Zeltaufbau, am 4.7. dann der erste Tourtag für mich. In 6 Tagen ging es nach Wien, dort Ruhetag. Nach Österreich Eintritt in die Slowakei, wunderschönes Bratislava. Auf der ersten Etappe hinter Bratislava die letzten beiden Staustufen vor dem Eisernen Tor, endlich frei fliessende Donau, Geschwindigkeit mit dem Board 9-10 km/h, manchmal noch schneller.
Die Donau: ständiger Wechsel der Landschaft, von einem „normalen“ Strom bis hin zu seenartigen Erweiterungen, der Schiffsverkehr erforderte gelegentlich Aufmerksamkeit, aber kein Vergleich zur Schifffahrt auf dem Rhein.
Nach 3 Etappen in der Slowakei, 50 km Etappen an aufeinanderfolgenden Tagen, folgten in Ungarn 7 Etappen mit insgesamt 275 km, abends gab es oft Gulasch… Ruhetage in Budapest und in Mohacs. Dann Eintritt nach Serbien, Passkontrolle, d.h. Abgabe der Ausweise. Nach 2 Tagen Ausreise aus Serbien, Einreise Kroatien (1 Etappe), dann wieder Serbien, viele Ausweiskontrollen…
Der Tagesablauf: Frühstücken, Zelt abbauen, Board beladen, die Stille des Morgens auf dem Wasser geniessen, Paddeln, nach etwa 20 km das erste Mal die Füße kühlen, sitzend auf dem Board, genug trinken, Ankommen, Zelt aufbauen, Essen, Schlafen - repeat…
In Serbien auf der Etappe von Dobra nach Donji Milanovac der erste richtige Windtag: Rückenwind zwar, aber mit mehr als 20 km/h, bei Böen über 30 km/h war an stand-up paddling nicht zu denken.
Also Paddel (Siren P4) um ein Segment verkürzt und mit Stechpaddel „knee-up“ gepaddelt, diese Paddeltechnik wurde gelegentlich eingesetzt, letztlich erfolgsentscheidend für das Gelingen der Tour.
Dann einer der Höhepunkte der Tour: das Eiserne Tor: eng, viel Schiffsverkehr (Touristenboote), viel Kabbelwasser, also wieder die Mutation des stand-up- zum knee-up Paddler…
In Serbien insgesamt 11 Tourtage ohne Ruhetag in Folge: eat, sleep, stand-up-paddling, repeat…
Bulgarien: die Hochwasserwelle aus den Unwettern im Alpenbereich Ende Juli hatte uns erreicht, die sonst so zahlreichen Sandbänke, die zum Baden einladen: es gibt sie (fast) nicht mehr.
Wieder 11 Tourtage in Bulgarien, ohne Ruhetag. Unvergessliche Landschaft. Frühes Aufstehen, um dem meistens Vormittags auffrischenden Wind, aber auch den hohen Tenperaturen (Nachmittags bis über 36°C), zu entgehen: teilweise bereits in der Morgendämmerung auf dem Wasser, gigantisch schöne Sonnenaufgänge.
Am Vorabend des letzten Tourtages in Vetren eine wundervolle lange Folklorevorstellung, auch dafür steht Bulgarien. Dann die letzte Etappe: Blick aus dem Zelt auf eine lange Bootsreihe am Strand, Start zur letzten Etappe, „Erholungstour“, 21 km.
Die Hafenanlagen von Silistra kommen in Sicht, Gruppenfotos werden gemacht: Ziel erreicht.*
Wie war das mit den Vorteilen von SUP? Genau: eine halbe Stunde nach Ankunft war das Board verstaut und die Rückfahrt konnte beginnen: der TID-Bus brachte uns nach einem Ruhetag in 24 h Fahrt zurück nach Winzer an der Donau, wo sich der Sammelparkplatz der Fahrzeuge der anderen Teilnehmer:innen befindet. Letzte Etappe für mich: Zugfahrt nach Hause.
1758 km - 229 h
War das die letzte TID ? Mal sehen.
* Anmerkung: aufgrund des Krieges in der Ukraine konnte die rumänische Strecke der TID bis ins Donaudelta / Schwarzes Meer nicht gepaddelt werden, daher Ende der Tour in Silistra.